Klassische Führungskompetenzen alleine genügen nicht
In bewegten Zeiten, wo eine Veränderung der nächsten folgt, oft auch kein Stein auf dem anderen bleibt, sind es gerade die Führungskräfte, die auf allen Ebenen besonders gefordert werden. Sie sollen die Fähigkeit haben, sich rasch auf neue und veränderte Situationen einstellen und darauf reagieren zu können.
Kurt Lewin entwickelte in den 1950-er Jahren sein bis heute das Changemanagement beeinflussende Modell der drei Phasen der Organisationsentwicklung: Unfreezing – Moving – Freezing. Die meisten der nachfolgenden Modelle bauten darauf auf, verfeinerten es. Die stets zunehmende Dynamisierung und Steigerung der Komplexität erhöhen nicht nur die Vernetzungsdichte in der Welt, sie führen auch zu einem Feuerwerk an Veränderungsstimuli für unsere Systeme. Eine Vielzahl von Change – Prozessen läuft parallel, oft unzureichend aufeinander abgestimmt. Im Sinne von Lewin kommt es kaum mehr zum „Freezing“, zur Stabilisierung. Unsere Organisationen sind seit Jahren permanent in der Stretch- und auch in der Panik-Zone. Bei den Mitarbeitenden und Entscheidern wächst das Gefühl der Überforderung und der Empfindung, fremdgesteuert und zunehmend erschöpft zu sein.
Führungskräfte sollen nun über viel innere Klarheit und Orientierungskompetenz verfügen, um kräftige Positionen einnehmen zu können und den Mitarbeiter/innen Stabilität und Sicherheit zu bieten. Ein kluger Umgang mit der Dynamik in Veränderungssituationen verlangt eine hohe Distanzierungs- und Reflexionsfähigkeit, klare Standpunkte, aber auch den Mut, Entscheidungen zu treffen, Fehler zu machen und mit Scheiter-Erfahrungen konstruktiv umzugehen. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei die Fähigkeit, aus kritischen Situationen zu lernen und aus solchen Erfahrungen gestärkt hervorzugehen.
Der neue Führungstyp soll quasi ein wahres Multitalent sein und über Resilienzfaktoren verfügen, die ihm einen souveränen Umgang mit den vielfältigen Herausforderungen in bewegten Zeiten ermöglichen. Führungskräfte sollen besonnen, zuverlässig, lösungsorientiert, flexibel und agil, offen und tolerant, sozial kompetent, durchsetzungsstark und standfest sein1. Nur selten werden sie von Grund auf diese Kompetenzen mitbringen und es ist auch eher unwahrscheinlich, dass diese Anforderungen alleine von den mitgebrachten Talenten und Resilienzfaktoren abgedeckt werden können.
Wichtig ist, in einem ersten Schritt die Reflexions- und Selbstreflexionskompetenz zu fördern, um die Führungskräfte dahingehend zu befähigen, die vorhandenen Resilienzfaktoren, Stärken und Potenziale, aber auch die Schwächen und blinden Flecken bewusst zu erkennen. Es soll also dahingehend sensibilisiert werden, die vorhandenen Stärken auszubauen und an den weniger ausgeprägten Persönlichkeitsfaktoren bewusst zu arbeiten bzw. über eine bewusste Delegation entsprechender Herausforderungen an „talentiertere“ Kollegen und Kolleginnen in diesem Feld nachzudenken. Nur ein reflektierter Einsatz vorhandener Resilienzfaktoren, Potenziale und Stärken und der bewusste Umgang mit Entwicklungsfeldern können nachhaltig ein souveränes Agieren in dynamischen Entwicklungsphasen ermöglichen.
Besonders unterstützend sind in Phasen der Verunsicherung und Orientierungslosigkeit Settings, die einerseits einen erweiterten und differenzierteren Blick und andererseits innere Stabilität und Positionierungsklarheit bieten. Begleitendes Coaching, Seminare, Inter- und Supervisionen und anderes mehr werden zu wertvollen „Kraftkammern“ für den „Dance of Change“. Ein reichhaltiges Angebot dazu finden Sie auf unserer INOVATO-Homepage unter Akademie oder unter Veranstaltungen.
Literaturquelle:
1Aschauer-Pischlöger, Anneliese / Hofer, Peter (2018) Auf der Welle surfen und nicht untergehen. In: INOVATOR Nr.32, 2018