Franz Auinger nimmt Bruchstellen in den Blick und überlegt, wie in diesen Momenten Unmögliches endlich möglich werden kann.
Wir haben eine Krise! Schock, Ungläubigkeit, Lähmung. Der Beginn eines bedrohlichen, in die Fundamente hinein rüttelnden Umbruchs? Eigentlich ist die Krise oft nicht der Beginn, sondern das vorläufige Ende eines Weges. Sind wir bereit für Neues?
Wege, die enden, haben oftmals schon zuvor Verwerfungen, Konflikte und Zeichen des Verfalls in sich getragen. Die Krise zeigt, dass das Bisherige nun teilweise an Legitimation verloren hat und Neues entstehen kann, vielleicht auch muss.
Aber braucht es das wirklich so? Könnten wir dem Ganzen nicht über Visions- und Innovationsprozesse ausweichen? Vielleicht können wir die Dramatik ein Stück vorwegnehmen und damit das Unvermeidliche proaktiver in Angriff nehmen, Destruktives mehr vermeiden, positive Energien für den Wandel nutzen. Den Bruchstellen, der Veränderung im Wesentlichen kommen wir leider nicht aus. Spätestens wenn die Krise manifestiert ist, müssen wir handeln.
Krisen fördern Veränderungsmächtigkeiten
Organisationen können wie Organismen betrachtet werden. Es findet zugleich das Ende von Elementen als auch der Aufbau neuer statt. In Krisen- und Transformationsphasen kommt es zur Verdichtung und Manifestierung. Die Veränderungsnotwendigkeit erfährt eine dramatische Dynamisierung. Bisher dominierende Zugänge und ihre Repräsentanten versuchen, Bewährtes zu stabilisieren und in die Zukunft mitzunehmen. Erneuerer und Innovatoren sehen völlig neue Ansätze und fordern das Bestehende massiv heraus.
Zukunftsfähigkeit gemeinsam neu entwickeln
Was heißt das für Menschen, die gestalten und Verantwortung tragen wollen? Es geht ganz klar um Leadership und darum, das Gesamte im Auge zu behalten und dafür Räume zu schaffen. Beide Kräfte, die bewahrenden und die erneuernden, gilt es zu würdigen bzw. zu fördern und so einen guten Übergang in eine gemeinsam getragene, neue Qualität zu ermöglichen.
Führungskräfte sollten für eine Kultur sorgen, in der die Themen, auf die es wirklich ankommt, auf den Tisch kommen und nicht unter diesen gespielt werden.
In der Grenzsituation der Krise darf Denkunmögliches gedacht und gesagt werden. Unvorstellbares wird endlich möglich, man geht aus der Komfortzone raus.
Krisenräume werden zu Räumen für wirksame und nachhaltige Innovationen – das Beste in uns wird gefordert und gefördert. Wird es authentisch, stimmig und reflexiv gemacht, wächst die Veränderungsbereitschaft.
Und dann geht es anders: Aus Schmerzpunkten werden Chancenpunkte, alte Zöpfe dürfen thematisiert, hinterfragt und abgeschnitten werden. Schweres wird mit einer wohltuenden Gelassenheit verhandelt, die Sache von den Personen versöhnlich getrennt. Und letztlich inspiriert, motiviert und verbindet das neu Entstehende alle Beteiligten.